Über 700 Jahre alte GewölbeEine fast vergessene Welt
Der Ursprung dieses unterirdischen Gewölbesystems geht bis in das 13. Jahrhundert zurück. Die Kellergewölbe im Quartier Tiefer Keller haben Feuersbrünste, wirtschaftlichen und kulturellen Auf- und Abstieg der Stadt und sogar den Flächenabriss der Altstadt in sozialistischer Zeit überlebt. Damit gehören sie zu den ältesten Bauwerken der Stadt.
Die Keller sind Zeugnis der reichen Handelsstadt Merseburg von der Romanik bis zum Spätbarock. Sie berichten uns von einer Lagerwirtschaft, die große Mengen unterschiedlichster Waren kühl halten mussten. Die Wein- und Bierkeller ließen die Besitzer mit kunstvollen Initialen versehen, die in die Sandsteintürbögen gemeißelt wurden und teilweise heute noch erhalten sind. Flache Treppen erleichterten den Lastentransport. Vier unterschiedliche Höhenlagen gewährleisteten unterschiedliche Temperaturen und Feuchtigkeitsgrade.
Angelegt wurden die weitläufigen Gewölbekeller als Naturalienlager. Das Eis der Saale wurde im Winter geschlagen und in die Keller verbracht, wo es das ganze Jahr über für ideale Lagertemperaturen sorgte. Hier konnten neben heimischen Waren wie Fisch, Fleisch und Bier auch überregionale Waren, wie beispielsweise Öl, gelagert werden. Im Laufe der Zeit wurden die Anlagen immer weiter ausgebaut und tiefer ins Erdreich gegraben. Somit befinden sich interessanterweise die jüngsten Keller ganz unten, die ältesten jedoch oben.
Für einen Warentransport über weite Strecken waren in mittelalterlicher Zeit zudem kühlende Lagermöglichkeiten Grundlage für konstante Wirtschaftsbeziehungen. Verdorbene Ware hätte diese unterbrochen, wenn nicht gar beendet. An der Via Regia liegend, ist die wohlhabende Stadt Merseburg über viele Jahrhunderte hindurch ein wichtiger Warenumschlagplatz unmittelbar vor den Toren der Stadt Leipzig gewesen. Man spürt diese Bedeutung bei jedem Schritt durch diese einst luxuriösen Kühlkammern im Labyrinth unter der Stadt.
Seit Jahren engagiert sich der Merseburger Kunstverein für den Erhalt, den Ausbau und die Erschließung des weitläufigen Areals. Gegenwärtig ist es somit möglich, im Rahmen eines geführten Rundganges auf einer Gesamtlänge von über 300 Metern die Keller mit Breiten zwischen 2 und 6 Metern zu besichtigen. Dabei weisen die höchsten Gewölbe Höhen bis zu 2,70 Metern auf. Beim Freilegen der Gewölbe kam eine weitere Besonderheit zum Vorschein - ein Brunnen mitten im Keller.
In Zukunft werden Kunstausstellungen die Tiefen Keller mit neuem Leben füllen. Ein gekonnt gespannter Bogen zwischen Geschichte und Moderne, der Ihren Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lässt.
Ausschnitt aus dem Kellerlabyrinth |
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